Studienbeiträge

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Prof. Dr. Frank ZiegeleFrank Ziegele
Centrum für Hochschulentwicklung

In den vergangenen 12 Jahren habe ich verdammt viel über Studienbeiträge geschrieben – da war ja klar, dass mir diese Aufgabe auch für Mü-Bös Website zukommt. Ranking und Studienbeiträge – das sind die Themen, die in der Öffentlichkeit wie keine anderen mit dem CHE verbunden werden.

Wie medienwirksam das Studienbeiträgsthema ist, mussten wir beispielsweise auf der CHE-5-Jahres-Veranstaltung erfahren: Dort war der Plan, in Form einer Messe zu transportieren, welche Entwicklungen bei unterschiedlichen Managementfragen in den Hochschulen angestoßen wurden. Die Message war: „es bewegt sich was“. Auf der Veranstaltung hat das auch geklappt, aber in der begleitenden Pressekonferenz fiel ein Halbsatz über Studienbeiträge – und das war dann das Einzige, was am nächsten Tag in der Zeitung stand. So mag hier und da der Eindruck entstanden sein, das CHE habe über die Jahre Studienbeiträge als „Allheilmittel“ gefordert; das war allerdings nie der Fall. Für uns waren sie stets ein wichtiger Baustein unter vielen, können Studienbeiträge doch nur sinnvoll wirken, wenn gleichzeitig der Hochschulzugang neu geregelt wird, auch staatliche Gelder leistungsbezogen vergeben werden, Rankings für Angebotstransparenz sorgen und die Hochschulen vernünftiges Qualitätsmanagement betreiben.

Doch blicken wir auf die Historie der CHE-Studienbeitragprojekte: Das CHE betreibt intern seine strategische Planung mit einem sogenannten „Themenportfolio“. Wir versuchen die Themen, die für die Zukunft der Hochschulen und unserer Gesellschaft wichtig sind und bei denen gleichzeitig noch wenig Know-How in der Umsetzung besteht, sehr frühzeitig zu identifizieren (wenn ich auf Studienbeitragsdiskussionen erzähle, ich mach das für die Zukunft meiner Kinder, führt das manchmal erst zu Irritation, dann aber oft auch zum Nachdenken bei Gebührenskeptikern!). Haben wir ein solches Thema gefunden, geht es zuerst um die Schaffung einer Informationsbasis, dann um die Modellentwicklung und schließlich um die Schaffung von „good practices“ in der Umsetzung (um zu sehen, ob’s auch wirklich funktioniert).

Das Thema Studienbeiträge und die damit verbundenen CHE-Projekte sind ein Paradebeispiel für diesen „Themenlebenszyklus“: Zunächst hat das CHE geschaut, was das Ausland macht (und das australische HECS als nachahmenswertes Beispiel entdeckt). Auf dieser Basis haben wir das „Studienbeitragsmodell“, „InvestiF und GefoS“ und mit der HRK ein „Optionsmodell“ entwickelt. In Modellrechnungen für Bayern und Niedersachsen haben wir ermittelt, was die Modelle finanziell bewirken können. An der TU München haben wir eine „was wäre wenn“-Trockenübung durchgespielt. Und als dann 2005 mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die ersten „realen“ Beitragsmodelle möglich wurden, haben wir die Umsetzung u.a. durch eine CHEckliste, den Studienkredittest und die Unterstützung einzelner Hochschulen in ihren Planungen und internen Lösungen befördert. Die ganze Zeit über saßen die Kollegen und ich in Dutzenden Panels und Diskussionsrunden an zahlreichen Hochschulen, inklusive so schönen Erlebnissen wie dem CHE Guevara Plakat, in das mein Kopf mit der Bildunterschrift „CHE Ziegele kommt“ kopiert war.

Soweit die Projektgeschichte – da ich bei den meisten dieser Projekte mitmachen durfte, stellt das Ganze jedoch auch mein persönliches, seit 12 Jahren anhaltendes „Lernprogramm“ in Sachen Hochschulwelt dar. So wurde mir ein Grundsatz deutlich, der auch in allen anderen Tätigkeitsfeldern für mich handlungsleitend ist: Betriebswirtschaftlich orientierte Steuerungsinstrumente für Hochschulen sind nicht per se gut oder schlecht, man kann sie aber gut oder schlecht umsetzen. Es kommt immer darauf an, wie man sie im Detail gestaltet. So würden Studienbeiträge ohne Maßnahmen, die die Chancengleichheit beim Hochschulzugang sichern, mehr schaden als nutzen. Mit diesem Grundsatz erzielt man bessere Ergebnisse als mit ideologisch geprägten Positionen. Und auch wenn der Teufel im Detail steckt: der „große Rahmen“ darf nicht aus dem Blick geraten. Es hat mich immer fasziniert, ein Thema von verschiedenen Perspektiven aus in den Blick zu nehmen. Auch beim Thema Studienbeiträge haben wir uns mit Landesgesetzen und mit hochschulinterner Umsetzung genauso beschäftigt wie mit individuellen Finanzierungsfragen und Fragen sozialer Gerechtigkeit.

Auch habe ich gelernt, dass es für erfolgreiche Hochschulreform nicht reicht, „Modelltechnokrat“ zu sein; das beste Modell hilft nichts, wenn es nicht verstanden und akzeptiert ist. Aktuelles Beispiel Hamburg: Die schwarz-grüne Koalition schafft ein „neues“ Modell, das sich von seiner Wirkung und Logik her vom alten kaum unterscheidet, aber es wird offenbar in höherem Maße akzeptiert, wie erste Pressekommentare vermuten lassen (die Schotten haben das in ähnlicher Weise vor einigen Jahren vorgemacht).

Und nicht zuletzt sind Studienbeiträge immer wieder der Anlass, Prozesse der Politik und der Gestaltung öffentlicher Meinung (mit zunehmend sinkender Verwunderung) zu studieren: Auch wenn ursprünglich Befürworter und Gegner von Gebühren quer durch die Parteienlandschaft gingen (der frühere bayerische CSU-Wissenschaftsminister war ein vehementer Gegner, der SPD-Minister in Niedersachsen ein Befürworter!) – sobald es als Wahlkampfthema verortet wurde, wird es zur parteipolitischen Polarisierung genutzt. Da wird dann öffentlich solange über Abschreckung geredet, bis die Studierenden glauben, dass sie abgeschreckt sein sollten. Und für die Presse gilt häufig: „Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“ – findet man ein Beispiel, dass 4.000 € für einen sinnlosen Fahrradständer ausgegeben werden oder eine Toilette mit Studienbeiträge renoviert werden soll, steht es sofort in der Zeitung – wenn eine Hochschule ein gutes Konzept für die Beitragsverwendung hat, das sie konsequent und transparent umsetzt, findet dies wenig öffentliche Resonanz.

Gerade die letztgenannten Punkte führen dazu, dass es noch keineswegs an der Zeit ist, sich zurückzulehnen und das Thema Studienbeiträge als abgehakt zu betrachten. Es muss verhindert werden, dass politische Diskussionen wieder auf dem Wissensstand vor 10 Jahren geführt werden. Die Hochschulen müssen hart an den Konzepten der Umsetzung arbeiten und rasch einen echten und spürbaren „Mehrwert“ für die Studierenden erzeugen. Und politisch muss, anders als in Hessen, die Zeit gegeben werden, Erfolg oder Misserfolg von Studienbeiträgen nachzuweisen und dann Entscheidungen über ihre Fortführung zu treffen.

Und was hat das alles mit Mü-Bö zu tun? Gerade beim Thema Studienbeiträge bewährte sich seine Haltung, eine Reform, von deren Notwendigkeit er überzeugt ist, auch gegen alle Widerstände und Anfeindungen im Auge zu behalten und schrittweise, notfalls über viele Jahre hinweg, voranzubringen. Auch ist sein Ansatz richtig, Erfahrungen aus dem Ausland auszuwerten, auf die Macht und Durchsetzungskraft der guten Idee zu vertrauen und stets alle Informationen und Konzepte offen auf den Tisch zu legen und im Diskurs weiterzuentwickeln. Unvergessen das Bild mit dem Demonstranten im Arm, das so viel von seiner Haltung ausdrückt. Und nicht zuletzt: Er lässt seine Mitarbeiter machen und bescherte mir dadurch faszinierende Erfahrungen…

Frank Ziegele

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