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Rektorat Revival

Rektorat Revival
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2013_12_12 Rektorat
Junge Alte: Klaus Steenweg, Klaus Anderbrügge, Detlef Müller-Böling, Albert Klein, Ulrich Bonse, Bernd Gasch (v.l.n.r.)

Fünf alte Herren und ein Mittfünziger kamen gestern zu einem verlängerten Mittagessen in Schloss Nordkirchen zusammen. Es handelte sich um einen Großteil des Rektoratsteams der Universität Dortmund der Jahre 1990 bis 1994.  Knapp 20 Jahre nach dem gemeinsamen Arbeitsende hätte man denken können, es wurde in Nostalgie gemacht, frei nach dem Motto: Weißt Du noch?

Aber  – wie es sich für Wissenschaftler geziemt – wurde analysiert, wie es kam, dass aus „Mitstreitern“ Freunde wurden. Der Älteste war Werner Spies, Prorektor für Lehre, aus der Lehrerbildung kommend, damals 62 Jahre – und leider wegen einer kurzfristigen Erkrankung nicht dabei. Dabei war aber Ulrich Bonse, weltweit anerkannter Physiker, damals ebenfalls schon 61 Jahre alt und Prorektor für Forschung. Anwesend war der Jurist Klaus Anderbrügge, damals 50 Jahre und Kanzler. Mit dabei war Bernd Gasch, Psychologe, damals 48 Jahre alt und Prorektor für Haushalt und Finanzen. Und als jüngstes Rektoratsmitglied mit damals gerade einmal 41 Jahren, Detlef Müller-Böling, Rektor. Mit dabei war auch Albert Klein, Prorektor für Lehre in der Nachfolge von Werner Spies, später Nachfolger von Detlef. Das Team komplettierte Klaus Steenweg, gelernter Polizist und studierter Journalist, als Persönlicher Referent des Rektors. Nicht dabei in Nordkirchen, aber immer während des Rektorats, war Klaus Neuvians, Dezernatsleiter für akademische Angelegenheiten. Leider nicht mehr dabei sein konnte Richard Kreher, Chemiker und Prorektor für Forschung in der Nachfolge von Ulrich Bonse. Alles in allem also eine Gruppe von sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten im wissenschaftlichen Hintergrund, dem Alter, den Lebenserfahrungen und den Naturellen.

Die Analyse stellte als erstes fest, dass Vertrauen ein ungemein wichtiges und stabilisierendes, arbeitserleichterndes und befriedigendes Element der Zusammenarbeit war. Niemand hatte das Gefühl, der andere halte etwas zurück oder wolle ihn hereinlegen.

Gefördert wurde dieses Vertrauen durch verschiedene, glücklich ineinandergreifende Instrumente. Etwa durch Klausurtagungen des Rektoratsteams von der ersten Stunde an, in denen ungezwungen und offen gemeinsame Strategien für die Hochschule entwickelt wurden. Schnell wurde zwischen allen Teammitgliedern auf Vorschlag von Werner Spies das Du vereinbart, ein damals in diesen Kreisen völlig unüblicher Umgang miteinander. Wesentlich war auch das sogenannte „Brötchenrektorat“, ein informelles Treffen an jedem Montagmittag, in dem jeder Teilnehmer seine Verpflegung mitbrachte und ohne Tagesordnung die Dinge sehr direkt und offen miteinander besprochen wurden. Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hatte das Netzwerk mit e-Mail-Kommunikation, damals noch völlig unüblich und vom neuen Rektor gefordert. Der Haushaltsdezernent machte ihm zwar klar, dass dafür keine Mittel vorhanden sind (altes kameralistisches unflexibles Haushaltsrecht!), es im Zweifel auch Probleme mit dem Personalrat wegen der Sekretärinnen geben werde, er als Wissenschaftler aber doch auf diesem Gebiet arbeite und von daher vielleicht im Rektorat ein  Labor eingerichtet werden könnte …

Das war’s dann und der e-Mail-Verkehr entwickelte sich zwischen dem Rektoratsteam zum wertvollen Diskussions- und Informationsforum, das wie später darüber hinaus anhand einer Dissertation (siehe wissenschaftliches Labor!) nachgewiesen wurde, auch ein wichtiges Machtinstrument gegenüber den Kräften in der Universität darstellte, die immer geneigt sind, Uneinigkeit unter den Rektoratsmitgliedern auszunutzen. Dank Mail war ganz schnelle Absprache möglich. Eine entscheidende Bedeutung hatten aber sicherlich die starken und in sich gefestigten Persönlichkeiten, bei denen es niemand nötig hatte oder für nötig befand, sich auf Kosten des anderen zu profilieren. Es wurde an der Sache gearbeitet und nicht an der persönlichen Profilierung. Das war nach Auskunft derjenigen, die an mehreren Rektoraten beteiligt waren, wohl eine deutliche Ausnahme.

Aber nicht allein die Aufarbeitung der eigenen Arbeitsweise war Gegenstand der Gespräche. Schnell war man sich beispielsweise einig, dass insbesondere Universitäten kein Gedächtnis haben – nicht zuletzt wegen des dauernden Wandels bei den verantwortlichen Führungskräften. Schnell sind Ehrenbürger oder Ehrendoktoren „vergessen“. Frühere Ziele und Entscheidungen – geschweige denn Motive und Hintergründe – sind nicht bekannt. Eine Organisation wie die Universität lebt aber zu einem großen Teil durch ungeschriebene Regeln und Traditionen, deren Zustandekommen nicht unwichtig sind. Unternehmen beschäftigen mittlerweile Archivare, die die Historie festhalten. Für die TU Dortmund wäre eine solche Aufgabe ebenfalls von gutem Wert.

Wert war auch der Austausch von derzeitigen persönlichen Befindlichkeiten mit dem Ergebnis, dass es (fast) allen körperlich gut geht und die Dankbarkeit groß ist, zu den geschichtlich priviligierten Menschen  in einer Zeit des Wohlstands und Friedens zu gehören.

Und nicht zuletzt wurde viel gelacht – wie festgestellt wurde – übrigens auch ein sehr positives Kennzeichen der Arbeitsweise während des Rektorats.

Dank an die Organisatoren des Treffens, Bernd und Klaus, für einen wundervollen Tag!!

Beiträge von Rektoratsmitgliedern auf dieser Website

Klaus Anderbrügge – Große Reformen beginnen vor Ort Oder: Wie ein Universitätsrektor zum Hochschulreformer wird

Bernd Gasch – Das Mü-Bö Quodlibet

Klaus Neuvians – Vier Stücke auf dem Flügelhorn

Klaus Steenweg – Ehrgeiz im Wettbewerb

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3 Comments

  • Bernd Gasch

    Liebe Vorsitzende von Gremien,
    Liebe Leiter von Sitzungen,

    Ich empfehle Detlef Müller-Böling als Protokollanten Eurer Sitzungen. Er schreibt nicht mit, aber speichert alle (!) relevanten Daten im Kopf und gibt sie absolut detail-gerecht, lesbar, aber trotzdem justiziabel und innerhalb einer Minimalzeit und ohne Honorar schriftlich wieder.

    • Detlef

      Lieber Bernd,
      das hast Du missverstanden.
      Ich protokolliere nicht, was passiert ist, sondern was ich mir detail-gerecht denke. Justiziabel sollte es nicht sein. Wir wollen uns doch nicht vor dem Schiedsmann treffen und Honorar fordere ich nach diesem Lob jetzt auf jeden Fall!
      Detlef

  • Susanne Neubauer

    Liebes „altes Rektorat“,

    sehr „ergriffen“ lese ich von dem Revival.

    Unbedingt möchte ich erwähnen, dass auch die Tätigkeit als Sekretärin in einem harmonischen und menschlichen Team stets viel Freude bereitet hat.
    Es war eine schöne und unvergessliche Zeit, von der ich auch heute noch gerne erzähle.

    Schön, die einzelnen strahlenden Gesichter nach so langer Zeit wiederzusehen.

    Viele Grüße
    Susanne Neubauer, geb. Götz

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